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Der bessere Kauf: Amazon.com versus Steinhoff International Holding

Amazon Aktie
Foto: The Motley Fool

Alle hassen Steinhoff International (WKN:A14XB9), alle lieben Amazon.com (WKN:906866) — gefallener Stern versus Superstar. Wenn es nur darum ginge, das bessere Unternehmen zu wählen, dann erscheint die Wahl klar. Aber ist Amazon 300-mal besser? Lass uns das anhand von drei Fragen mal genauer anschauen.

Wo sind die Zocker, wo die Investoren?

Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Der Möbelhandel ist ja eher ein konservatives Geschäft. Auch wenn es schon länger üble Gerüchte zu den Machenschaften der Verantwortlichen gab, hat Steinhoff sich dem Anschein nach gut entwickelt und solide Gewinne abgeworfen. Von daher ist davon auszugehen, dass viele Anleger echte langfristige Investoren sind, die jetzt voll auf dem falschen Fuß erwischt wurden.

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Unter denjenigen, die wie ich erst nach dem Absturz eingestiegen sind, befinden sich selbstverständlich viele Zocker, die rein auf starke Kursbewegungen spekulieren und sich nur wenig um den fundamentalen Wert Gedanken machen. Selbst Charttechniker melden sich zu Wort, obwohl das ja derzeit überhaupt keinen Sinn ergibt, solange keine Klarheit über das weitere Fortbestehen herrscht.

Aber sieht das bei Amazon viel anders aus? Wahrscheinlich ist der Anteil derjenigen, die ähnlich wie der The-Motley-Fool-Gründer David Gardner über Jahre mit der Aktie durch dick und dünn gegangen sind, eher gering. Es wird wohl vielfach spekuliert, dass das Aufwärtsmomentum weiter anhalten würde, ohne sich einmal gründlich die Bilanz durchzusehen.

Wo ist mehr Substanz?

Dabei wäre es wichtig, gelegentlich zu schauen, ob Wert und Bewertung noch einigermaßen zusammenpassen. Das primäre Maß für die Substanz ist das Eigenkapital. An dem Punkt liegen die beiden zum 31.12.2016 erstaunlicherweise sehr nah beieinander: bei Amazon sind es 19,3 Mrd. US-Dollar und bei Steinhoff 15,9 Mrd. Euro. Seither konnte Amazon auf 27,7 Mrd. US-Dollar zulegen (auch dank einer Kapitalerhöhung um 4,2 Mrd.), während man bei Steinhoff mit massiven Abschreibungen rechnen muss.

Schließlich enthält die Bilanz des Möbelkonzerns jede Menge Firmenwerte (Goodwill und immaterielles Vermögen), die derzeit auf dem Prüfstand sind. 16,5 Mrd. Euro davon wurden Ende 2016 ausgewiesen. Bei Amazon waren es damals lediglich 3,8 Mrd. US-Dollar Goodwill und 4,7 Mrd. US-Dollar, die unter „Andere Vermögenswerte“ zusammengefasst werden. Allerdings wurde ja zwischenzeitlich Whole Foods teuer übernommen, sodass diese Posten auf 13,4 und 8,9 Mrd. angeschwollen sind.

Auch bei Amazon sind Finanzakrobaten am Werk, um dem Wachstum einen Turbo zu verleihen. Vermögensgegenstände werden praktisch nie gekauft, sondern über teure Leasingverträge über die Nutzungsdauer finanziert. Das schont die kurz- und mittelfristige Liquidität, drückt aber den Gewinn. Etwas seltsam finde ich, dass Abschreibungen nicht offen in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung ausgewiesen, sondern unter den Einzelposten der betrieblichen Kosten versteckt werden.

Whole Foods wurde mit neuen langfristigen Schulden finanziert, welche sich nun auf fast 25 Mrd. US-Dollar locker verdreifacht haben. Zudem werden Boni gerne in neuen Aktien bezahlt, wodurch genauso Milliarden an Liquidität gespart werden wie durch die völlige Einbehaltung der vergleichsweise spärlichen Gewinne (für vernünftige Dividenden fehlt ja auch das Eigenkapital!).

Sowohl die Steinhoff-Manager als auch Jeff Bezos haben also alle Register gezogen, um ihre jeweiligen Imperien schnellstmöglich hochziehen zu können — wobei Steinhoff immerhin Dividenden bezahlt hat.

Sollte die korrigierte Bilanz irgendwann endlich vorgelegt werden, dann werden wir sehen, wo das Eigenkapital steht. Das kann Null sein, aber auch 15 Mrd. Euro oder irgendwas dazwischen. Wie auch immer: wohl nur im Pleitefall wird es niedriger als die aktuelle Bewertung sein. Bei Amazon liegt das Kurs-Buchwert-Verhältnis hingegen aktuell bei astronomischen 21 (Stand 02.02.).

Wo sind die besseren Wachstumsaussichten?

Diese Frage lässt sich leicht beantworten, zumindest was den Umsatz angeht. Steinhoff muss sich jetzt erst mal gesundschrumpfen, falls die Holding eine neue Chance bekommt. Amazon hingegen wird weiterhin mit Hochdruck alle verfügbaren Ressourcen dafür einsetzen, neue Geschäfte aufzubauen. Es ist schwer vorstellbar, dass die Amis von ihrem steilen Pfad abkommen.

Richten wir allerdings den Blick auf die Bottom-Line, wie der Amerikaner gerne sagt, also den Nettogewinn, dann sieht es schon etwas anders aus. Bisher hat Amazon nicht bewiesen, dass sie nachhaltige Gewinne schreiben kann. Im internationalen Geschäft werden weiterhin hohe Verluste ausgewiesen. Aggressive Wettbewerber von A wie Alibaba (WKN:A117ME) bis Z wie Zalando (WKN:ZAL111) vermiesen zunehmend die Margen. Nur zuhause in Nordamerika läuft es zweifellos rund, wobei dort die Marktdurchdringung schon sehr weit vorangeschritten ist.

Aber viele Anleger hoffen ja primär auf das aufstrebende Cloudgeschäft, das immerhin 4,3 Mrd. US-Dollar Betriebsgewinn abwarf. Was die Zukunft angeht, sehe ich auf diesem Feld allerdings Microsoft (WKN:870747) besser positioniert, weil diese beispielsweise mit fast allen großen Industrie-4.0-Spielern eng kooperiert. Laut den Analysten von KeyBanc haben sich die Marktanteile zuletzt zugunsten der Redmonder verschoben.

Wie auch immer, Steinhoff kann da natürlich erst mal nicht mithalten (wohlgemerkt, solange Amazon in der Spur bleibt). Aber die Südafrikaner müssen das auch nicht. Die Bewertung des Konzerns ist sage und schreibe 300-mal billiger. Damit kommen wir zur entscheidenden Frage:

Können 300 Steinhoffs mittel- bis langfristig mehr Gewinn erwirtschaften als eine einzige Amazon?

Wahrscheinlich ist es für die meisten Anleger das Beste, einfach von beiden Aktien die Finger zu lassen und sich unter den vielen solideren und transparenteren Unternehmen umzuschauen, deren Kurse in den letzten Tagen schön zurückgekommen sind.

Aber wenn ich nochmal zwischen Amazon und Steinhoff wählen müsste, würde ich mich rein aus Bewertungsgesichtspunkten heraus erneut für Steinhoff entscheiden. Die Risiken sind bei beiden ähnlich groß, aber nur bei Steinhoff kann ich signifikantes Aufwärtspotenzial erkennen.

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Ralf Anders besitzt Aktien von Steinhoff. John Mackey, CEO von Amazon-Tochter Whole Foods Market, sitzt im Vorstand von The Motley Fool. Teresa Kersten arbeitet für LinkedIn und sitzt im Vorstand von The Motley Fool. LinkedIn gehört zu Microsoft. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Amazon. The Motley Fool empfiehlt Zalando.



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