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Würgt der starke Euro jetzt den DAX ab? Eher nicht

50-Euro-Scheine
Foto: The Motley Fool

Viele Marktbeobachter wurden Anfang 2017 auf dem falschen Fuß erwischt. Statt dem vielfach erwarteten weiteren Absinken unter die Dollarparität hat sich der Euro wie Phoenix aus der Asche erhoben. Mein damaliges Zielniveau von 1,25 Euro pro US-Dollar wurde bereits am 25.01.2018 erreicht. Viele Anleger machen sich jetzt Sorgen, weil die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exporteure gefährdet sein könnte.

War es das jetzt mit der Super-Konjunktur?

Klar, es könnte grundsätzlich schon sein, dass sich die Dynamik in Europa über die kommenden Quartale etwas abkühlt, aber um es gleich vorweg zu sagen: der wiedererstarkte Euro wird wohl nicht schuld daran sein.

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Zunächst ist ja schlicht festzustellen, dass das nun erreichte Niveau nicht außergewöhnlich hoch ist. Vor 10 Jahren waren es mal kurzfristig 1,60 USD/EUR, danach schwankte er über Jahre um 1,30. Es handelt sich also eher um eine Normalisierung nach zwei Jahren der – aus meiner Sicht – starken Unterbewertung. Vor allem Bankanalysten aus dem angelsächsischen Raum hatten sich seit Ende 2014 in die Idee verrannt, dass es mit Euroland den Bach runterginge.

Stattdessen wurde die einheimische Industrie (einschließlich Österreich und Schweiz) von einem Superzyklus erwischt, der von niedrigen Zinsen, günstigen Rohstoffpreisen und vielleicht auch ein bisschen vom billigen Euro getrieben wurde und wird. Mit etwas Verzögerung profitierten davon auch die Nachbar- und Peripherieländer. Diverse Forschungsinstitute erhöhten zuletzt, unabhängig vom anziehenden Euro, zum wiederholten Mal ihre Wachstumsprognosen.

Darum ist ein starker Euro kein Problem

Den vielleicht wichtigsten Punkt lieferte kürzlich der Zentralbankchef Mario Draghi: Die Stärke der Währung würde wahrscheinlich dank günstigerer Importpreise dämpfend auf die Inflation wirken. Deshalb wäre gut vorstellbar, dass die Anleihenankäufe und die Nullzinsen noch länger als bisher erwartet beibehalten werden müssten.

Das klingt logisch. Das Ziel der Geldpolitik besteht ja darin, die Inflation auf ein als normal angesehenes Niveau von 2 % zu heben. Da der Euro auch gegenüber anderen Währungen wie dem chinesischen Yuan Renminbi, dem japanischen Yen und dem Schweizer Franken aufgewertet hat, ist auf absehbare Zeit kaum mit verstärktem Preisdruck zu rechnen. 2017 lag die Teuerung im Euroraum bei moderaten 1,4 %.

Auch von der Rohstoffseite her sind die Impulse vernachlässigbar. 55 Euro pro Barrel Nordsee-Erdöl ist im historischen Vergleich immer noch recht günstig und bei den Industriemetallen und Agrarrohstoffen sieht es ähnlich aus.

Das bedeutet, dass die Verbraucher gleich aus mehreren Gründen mehr Geld in der Tasche haben werden und folglich mehr konsumieren können: da sind zum einen niedrigere Ausgaben für vielfältige importierte Dinge, einschließlich Reisen nach Großbritannien oder Übersee. Zum anderen werden viele Arbeitnehmer über mehr Nettogehalt verfügen, zumal zudem auch noch mit Steuersenkungen zu rechnen ist. Von all dem profitieren Konsumwerte von Beiersdorf (WKN:520000) bis BMW (WKN:519000).

Die Unternehmen selbst genießen weiterhin die außergewöhnlich günstigen Finanzierungsbedingungen. Gerade Konzerne, deren Bilanz noch etwas schwach auf der Brust ist oder die eine große Schuldenlast tragen, wie zum Beispiel thyssenkrupp (WKN:750000), die Deutsche Telekom (WKN:555750) oder Vonovia (WKN:A1ML7J), dürften sich über das weitere Ausbleiben der Zinswende freuen. Dass Finanzdienstleister das vielleicht etwas anders sehen, fällt nicht so stark ins Gewicht.

Abschließend ist auch daran zu denken, dass ein großer Teil der Konzernumsätze aus lokaler Produktion stammt. Amerikanische Arbeiter kosten deutsche Konzerne aktuell 20 % weniger als noch vor einem Jahr. Wenn zudem noch auf Dollar lautende Darlehen aufgenommen wurden, dann reduziert sich die Schuldenlast entsprechend. Der ein oder andere Finanzchef hat vielleicht auch ein glückliches Händchen gehabt und sich über Finanzinstrumente den teuren Dollar auf Monate und Jahre hinaus gesichert. Es gibt also viele Faktoren, die einem Verlust von Wettbewerbsfähigkeit entgegenwirken.

Andere Risiken sind wichtiger

Aktien zu verkaufen, weil der Euro auf Normalniveau zurückkehrt, halte ich aus den genannten Gründen nicht für zielführend. Da muss schon noch mehr passieren. Die wirklichen Risiken lauern woanders. Die Unberechenbarkeit des US-Regimes könnte beispielsweise jederzeit für chaotische Bedingungen sorgen. Vielleicht reißt auch der chinesischen Führung irgendwann der Geduldsfaden und sie reagiert etwa mit Lieferstopps oder massiven Anleiheverkäufen auf die andauernden Provokationen des selbsternannten Rivalen.

So etwas könnte eine fatale Kettenreaktion zur Folge haben, welche letztlich auch Europa erreichen würde. George Soros hat in Davos die Einschätzung abgegeben, dass das „temporäre Phänomen“ Trump schon in diesem Jahr auf dem absteigenden Ast sein wird. Allerdings sieht er zumindest bis zu dessen Ablösung das Überleben der „gesamten Zivilisation“ in Gefahr.

Wie auch immer bin ich ziemlich sicher, dass sich einheimische Werte in fast jedem Szenario besser schlagen werden als diejenigen aus Übersee, weil sowohl die Unternehmensbewertungen als auch die Staatsfinanzen diesseits des Atlantiks solider sind. Kommt es zur Apokalypse, wie zuletzt auch die „Weltuntergangsuhr“ nahelegt, dann kann uns das alles sowieso egal sein.

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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool empfiehlt BMW.



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