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Marihuana-Aktien: Wie groß die Chancen wirklich sind – ein Blick über den Tellerrand

Foto: Getty Images

Marihuana-Aktien kennen kein Halten. Allein über die letzten drei Monate haben sie sich im Schnitt verdreifacht, wenn man den nordamerikanischen Marihuana-Index heranzieht. Seit Februar 2016 haben sie sich sogar verzehnfacht, ausgewählte Einzelwerte noch wesentlich mehr. Alles, was auch nur entfernt mit dem Thema in Beziehung gebracht werden kann, boomt derzeit.

Offenbar rechnen viele Anleger damit, dass die Legalisierungswelle schon bald auf viele internationale Märkte überschwappen würde. Wie Matt Koppenheffer aber kürzlich trefflich bemerkte, würde das noch längst nicht bedeuten, dass alle Hanf-Aktien dann die großen Profite machen. Vielmehr ist mit einer gnadenlosen Auslese zu rechnen, die viele der heutigen Spieler aus dem Markt drängen würde.

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Eine interessante Frage ist allerdings, ob aus diesem Segment überhaupt ein dominantes Milliardenunternehmen hervorgehen wird. Denn nur dann könnte es profitabel sein, nach den besten Marihuana-Aktien zu fahnden. Vielleicht hilft ein Blick auf verwandte Märkte wie Tabak, Coca, Yerba Mate und Kaffee.

Tabak

Wer in das Marihuana-Segment investiert, der denkt sicherlich auch an den globalen Tabakmarkt als Vorbild. Rauchen entwickelte sich im 20. Jahrhundert schrittweise vom Luxusgut zum Massengut. Irgendwann wurde überall geraucht wie wahnsinnig und es entstanden berühmte Marken und kultige Werbefiguren wie der Marlboro-Cowboy und das HB-Männchen.

Durch die Konsolidierung des Marktes wird dieser heute von nur noch einigen wenigen Konzernen dominiert, darunter Altria (WKN:200417) und British American Tobacco (WKN:916018). Beide sind derzeit weit über 100 Mrd. Euro wert. So gesehen wäre selbst für eine Gras-Größe wie Canopy Growth Corporation (WKN:A140QA), deren Wert sich zuletzt innerhalb von einem halben Jahr auf fast 8 Mrd. Kanadische Dollar verfünffacht hat (Stand: 09.01.), immer noch viel Luft nach oben.

Die Frage ist allerdings, ob sich diese Märkte tatsächlich jemals auch nur annähernd so öffnen werden. Gerade beim Tabak wurden über die letzten Jahrzehnte weltweit massive Kampagnen gefahren, um die Zahl der Abhängigen zu reduzieren. Vor diesem Hintergrund erscheint es unwahrscheinlich, dass viele Länder von ihrem langjährigen Kurs abkommen.

Coca

Grundsätzlich widerspricht es ja auch einfach internationalem Recht. Das UN-Betäubungsmittelabkommen von 1961 beschränkt den Anbau und den Handel von Cannabis und anderen Drogen. Legalisierungs-Vorreiter Uruguay wird deshalb regelmäßig öffentlich gerügt und auch in Kanada wird heiß diskutiert, wie man mit dem Thema umgehen soll, ohne sich ins Abseits zu manövrieren.

In vielerlei Hinsicht mit Marihuana vergleichbar ist der ebenfalls in diesem Abkommen erfasste Kokastrauch. Dessen Blätter werden von Millionen Menschen in der Andenregion als Tee getrunken oder mit Zusätzen wie Backpulver, Kalk oder Asche in der Backe gekaut, was belebend wirkt und gleichzeitig den Magen beruhigt. Aber es kann eben auch mit chemischen Verfahren zu Kokain weiterverarbeitet werden, genauso wie sich aus Hanf das stärker wirkende Haschisch herstellen lässt.

Um die Jahrtausendwende wurde regelrecht Krieg gegen den Coca-Anbau geführt, wovon auch viele Kleinbauern betroffen waren. Mittlerweile haben sich Länder wie Peru und Bolivien Sonderrechte für den traditionellen und oft spirituell aufgeladenen Konsum einräumen lassen. Aber trotz jahrelanger Kampagnen, um das Produkt auch jenseits von aufwändig entkokainisierten Geschmacksstoffen international kommerzialisieren zu können, ist es bisher dabei geblieben — und es sieht nicht danach aus, dass sich daran jemals etwas ändern würde.

Folglich sind zwar viele Hände an der Lieferkette des legalen Coca-Handels beteiligt, aber bedeutende Hersteller konnten unter den gegebenen Bedingungen nicht entstehen. In Peru gibt es sogar einen staatlichen Monopolisten, die Empresa Nacional de la Coca. Private Unternehmen sind dort also ziemlich raus. Ein mögliches Szenario für Cannabis? Schwer zu sagen, aber das Beispiel zeigt, dass private Marihuana-Unternehmen es doppelt schwer haben werden, ihre Internationalisierung voranzutreiben.

Yerba Mate

Ein schon immer völlig legales Genussmittel ist der Mate-Tee. Der traditionell mit Trinkröhrchen konsumierte Aufguss ist belebend, mineralstoffreich und wird von den meisten Menschen in Uruguay, Paraguay, Argentinien und weiten Teilen Brasiliens mehr geliebt und konsumiert, als schwarzer Tee und Kaffee zusammen.

Mate ist dort ein echtes Geschäft — und das schon seit vielen Jahrzehnten. Der Markt ist von der Bevölkerungsgröße her mit demjenigen der USA vergleichbar. Aber gibt es dort heute mächtige Spieler? Nein, es geht eher mittelständisch oder genossenschaftlich zu. Vermutlich wären selbst die Marktführer kaum 100 Mio. Euro wert, wenn sie denn an der Börse notiert wären.

Bild: Ralf Anders

Vielleicht hinkt der Vergleich von Marihuana und Yerba Mate etwas, aber grundsätzlich ist zu bedenken, dass es für den Anbau von beiden keinerlei Raketenwissenschaft braucht. Es ist für Unternehmen in solchen Märkten schwierig, sich vom Wettbewerb nachhaltig abzugrenzen, um die Margen hochzuhalten. Das gilt sogar für die Weiterverarbeitung etwa zu medizinischen Produkten. Grundsätzlich kann jeder gute Apotheker aus Pflanzenteilen Wirkstoffe extrahieren. Dazu braucht es keine teuren Pharmafabriken.

Noch eine Idee

Anders wäre die Lage, wenn Hanf den Weg von Kaffee gehen würde, wo heute Gruppen wie Nestlé (WKN:A0Q4DC) und die zu Reimann-Holding und Mondelez (WKN:A1J4U0) gehörende Jacobs Douwe Egberts das Feld dominieren. Daran, dass Reimann vor gut zwei Jahren 13,9 Mrd. US-Dollar für Keurig herausgehauen hat, erinnert sich heute vielleicht auch noch der ein oder andere Marihuana-Investor.

Der entscheidende Schritt zur Marktkonsolidierung bestand dort allerdings wohl in der Erfindung von ausgefeilten Portionierungssystemen. Steht solch ein Schritt auch bei Marihuana an? Wird Gras irgendwann zum digitalisierten und auf neue Art konsumierbaren Genussmittel — und das auf einem internationalen Markt, der groß genug ist, um Relevanz zu haben?

Ich sehe drei Gefahren: Der Markt könnte erstens fragmentiert bleiben wie bei Yerba Mate und zweitens staatlichen Monopolen sowie langfristig restriktiven Gesetzen unterliegen wie bei Coca. Drittens wäre denkbar, dass erst ein spät eintretendes Unternehmen mit einer patentierten Innovation wie dem Nespresso-System den Markt aufrollen wird.

Wenn ich in diesen Markt investieren würde, dann wäre das primäre Kriterium der technische Vorsprung. Was die von vielen favorisierte Canopy Growth mit ihren rund 60 Mio. Kanadischen Dollar Umsatz bei negativem Ergebnis da zu bieten hat, überzeugt mich noch nicht.

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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Nestle.



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