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Das Solarworld-Desaster und was Anleger daraus lernen können

Foto: Pixabay

Als ich letzte Woche einen Artikel über SMA Solar (WKN:A0DJ6J) und Solarworld (WKN:A1YCMM) schrieb, hatte ich mir tatsächlich für einen Moment überlegt, ein paar der optisch extrem günstigen Aktien des Modulherstellers in mein Depot zu legen. Aber wie im Fazit vermerkt, entschied ich mich zum Glück, erst mal abzuwarten, ob in einigen Monaten Licht am Ende des Tunnels zu sehen ist. Wie wir jetzt wissen, gehen die Lichter zum Entsetzen der Aktionäre, Mitarbeiter und Geschäftspartner aus — ein weiteres tragisches Kapitel des Niedergangs der deutschen Solarindustrie. Investoren können daraus einiges lernen.

Das ist passiert

Schon seit Jahren klagt Solarworld über die schwierigen Wettbewerbsbedingungen. Die chinesische Konkurrenz hat mit staatlichen Krediten immense Kapazitäten aufgebaut, aus denen je nach schwankender inländischer Nachfrage immer wieder massive Überkapazitäten wurden. Diese schwappten dann nach Europa und anderswo zu Dumpingpreisen herüber. Statt auskömmlicher Margen, wie in den 2000er-Jahren, als Solarworld zeitweise mit über 4 Milliarden Euro bewertet wurde, setzte es plötzlich empfindliche und anhaltende Verluste.

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Trotz Innovationen und Sparprogrammen konnte das Ruder nicht mehr herumgerissen werden. Als ich vor zwei Tagen gelesen habe, dass es Trina Solar, einem der übermächtigen chinesischen Hersteller, gelungen ist, den Wirkungsgrad für monokristalline Rückkontaktzellen auf ein neues Niveau heraufzuschrauben, hatte ich bereits ein ungutes Gefühl. Denn damit wurde Solarworld ins Mark getroffen. Gerade auf die hohe Effizienz ihrer monokristallinen Zellen waren die Bonner besonders stolz. Mit deren vermeintlicher technischer Überlegenheit sollten bis 2019 wieder Gewinne erwirtschaftet werden.

Solarworld reiht sich ein in eine Serie von spektakulären Pleiten. Bosch mit seinen Töchtern Ersol, Aleo und Johanna Solar hat 2013 offenbar noch rechtzeitig die Reißleine gezogen, um noch größeren Schaden vom Konzern abzuwenden. Nachdem aussichtsreiche Wettbewerber wie Q-Cells, Concentrix und Schott Solar in der Versenkung verschwunden sind, halten nur noch wenige Spieler die Fahne in Deutschland hoch.

Der einst so stolze Verband der deutschen Solarwirtschaft führt nun vor allem Zubehöranbieter und Projektentwickler. Eine Ausnahme ist Heckert Solar aus Chemnitz, die sich als Partner der Installateure einen Namen gemacht hat und offenbar wirtschaftlich gesund ist. Gerade letzten Monat wurde die exzellente Kreditwürdigkeit der nur gering verschuldeten GmbH belegt. Es geht also auch anders. Mit 70 Mio. Euro Umsatz im zuletzt gemeldeten Jahr 2015 ist der Modulhersteller aber natürlich eine kleine Nummer.

Was wir aus all dem lernen können

Pleiten wie die von Solarworld sind für die betroffenen Anleger überaus ärgerlich, aber wir Investoren können aus solchen Erfahrungen eine Menge lernen. Zunächst wird uns wieder einmal deutlich vor Augen geführt, wie extrem schwierig es ist, auf Megatrends zu setzen. Dass der Photovoltaikmarkt stark wachsen würde, war für jeden bereits vor Jahren deutlich erkennbar. Aber wer davon profitieren würde eben nicht. Rund um die Jahrtausendwende haben sich Dutzende Firmen allein in Deutschland auf den Markt gestürzt, um die üppigen Fördergelder abgreifen zu können.

Für den langfristigen Anleger gab es aus heutiger Sicht kaum eine gute Investitionsmöglichkeit. Selbst die heutigen Marktführer wie JA Solar und Jinkosolar schwanken stark und bringen daher höchstens einigen wenigen geschickten Tradern gute Gewinne. Bei Yingli Green Energy, die im Größenwahn sogar Fußballbanden schmückte, sieht der Chart kaum besser als bei Solarworld aus.

Das alles zeigt, dass man nicht nur die Nachfrageseite eines Markts im Blick haben muss, sondern auch die Angebotsseite. Diese weist in der Photovoltaikbranche eine ungünstige Struktur auf. Es gibt nur wenige Differenzierungsmöglichkeiten, sodass ein gnadenloser Preiskampf fast unausweichlich war. Außerdem sind Modulhersteller völlig den launischen Marktbedingungen ausgeliefert. Ein flexibles Ausweichen auf verwandte Anwendungsfelder ist kaum denkbar, sodass es extrem schwierig ist, die Organisation an die Nachfrage anzupassen.

Bei meinen Investitionen ist deshalb immer ein wichtiges Kriterium, dass das Unternehmen Möglichkeiten hat, Ressourcen flexibel zu verlagern. Läuft es in einem Bereich nicht rund, dann wird eben in einen anderen verstärkt investiert. So können Ingenieure und Vertriebler immer zielgerichtet eingesetzt werden.

Ich denke da beispielsweise an den Siliciumwafer-Hersteller Siltronic (WKN:WAF300), der auf den ersten Blick auch hochspezialisiert aussieht. Aber anstatt lediglich ein Standardprodukt anzubieten, hat das Wacker Chemie (WKN:WCH888)-Spin-off gezielt Varianten für Nischenanwendungen entwickelt, mit denen es sich von der Konkurrenz abhebt. Dieses kundenorientierte Vorgehen ist ein bedeutender Faktor für viele erfolgreiche Unternehmen. Es sorgt dafür, dass eine Austauschbarkeit nicht gegeben ist, weshalb höhere Gewinnmargen durchgesetzt werden können, bei langfristiger Kundenbindung.

Und sonst?

Eines ist klar: Längst nicht jedes Unternehmen, das auf einen Megatrend aufspringt, ist auch eine gute langfristige Investition. Im Gegenteil gibt es oft nur einige wenige Sieger, wobei diese manchmal zu Beginn des Trends gar nicht investierbar waren. Genauso gilt aber auch, dass man sich nicht von scheinbar günstigen Kennzahlen verführen lassen darf. Solarworld war zuletzt nur noch einen Bruchteil seines Umsatzes wert. Im Normalfall liegen die beiden Werte in einer ähnlichen Größenordnung.

Die Anleger haben also richtigerweise eine Insolvenzgefahr eingepreist, denn wenn der Turnaround gelungen wäre, dann hätten sie sich über eine Vervielfachung ihres Einsatzes freuen können. Folglich muss man beim Anlegen in strauchelnde Unternehmen ganz genau das Chancen-Risiken-Verhältnis abwägen. Dafür ist eine gründliche Analyse der Strategie des Managements und der Bilanz sowie eine Bestandsaufnahme der Markt- und Wettbewerbssituation unbedingt erforderlich.

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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.



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