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Muss Siemens diesen Angriff von ABB fürchten? Nein!

Yumi, der zweiarmige Roboter von ABB
Bild: ABB

ABB (WKN:919730), der kleine Bruder von General Electric (WKN:851144) und Siemens (WKN:723610), verkündet noch kurz vor der anstehenden Hannover Messe Großes: Mit der Übernahme eines aufstrebenden österreichischen Automatisierungstechnikers glaubt das Management des schweizerisch-schwedischen Konzerns einen riesigen Schritt nach vorne gemacht zu haben. Hat sich ABB nun also einen entscheidenden Vorteil verschafft, der uns zum Kauf der Aktie animieren sollte? Ich denke, man muss hier differenzieren.

Der große Wurf?

ABB stellt es in seiner Präsentation so dar, als ob mit Bernecker & Rainer (B&R) der absolute Champion aufgekauft worden wäre. Aber für mich schaut es so aus, als ob man sich lediglich einen von gut einem Dutzend vergleichbarer Wettbewerber geschnappt hat. Allein in Österreich gibt es mit Sigmatek und Bachmann starke lokale Konkurrenz. Hinzu kommen wesentlich größere Automations- und Elektronik-Spezialisten wie Festo, Rexroth und Phoenix Contact.

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Starke Wachstumszahlen von im Schnitt 11 % über die letzten Jahre sind natürlich ein Beleg für die Qualität von B&R, aber auch die anderen Branchengrößen haben nicht geschlafen. Die etwa gleich große Beckhoff Automation ist beispielsweise noch wesentlich schneller gewachsen.

Allerdings bringen die Österreicher mit ihrer modularen Anwendungsplattform auch starke Software-Kompetenz für Industrie-4.0-Lösungen ein. Das war sicherlich ein wichtiges Argument für ABB, die auf diesem Feld den größeren Konkurrenten hinterherhinkt. Zudem geht es um Größenvorteile: Mit nun gemeinsam etwa 15 Mrd. US-Dollar Jahresumsatz im Bereich der Industrieautomatisierung und einem komplettierten Produktportfolio will man sich an den Marktführer Siemens heranpirschen und gleichzeitig den restlichen Wettbewerb auf Abstand halten.

Als Vorteil von ABB wird gelegentlich hervorgehoben, dass sie als „einziger“ der großen Wettbewerber bei der Robotertechnik eine führende Stellung innehabe, während sich etwa Siemens weitgehend auf die Kooperation mit Herstellern wie KUKA beschränkt. GE ist 2009 sogar aus einem Jointventure mit der japanischen FANUC ausgestiegen, um sich stärker auf Software und Steuerungstechnik zu fokussieren. Mitsubishi Electric, die im letzten Jahr 12 Mrd. US-Dollar im relevanten Segment umgesetzt haben (davon allerdings ein Teil für Automobilausrüstung und Maschinen), ist hingegen weiterhin mit gewissem Erfolg in der Robotik unterwegs.

Aber ist es überhaupt ein Vorteil, Roboter und Automatisierungstechnik unter einem Dach zu vereinen? B&R war beispielsweise bisher ein enger Partner des italienischen Roboterherstellers Comau. Dort werden die Bedingungen der zukünftigen Zusammenarbeit sicherlich neu verhandelt werden müssen, wenn B&R jetzt in den Diensten des Konkurrenten ABB steht.

Und was ist mit dem Kaufpreis?

Leider liegen keine exakten Angaben zum Übernahmepreis vor. Es wird lediglich von einer „marktüblichen“ Bewertung gesprochen. Das heißt in diesem Fall, dass wir vergleichbare Wettbewerber heranziehen können, wobei kaum einer der Spezialisten börsennotiert ist. Am ehesten kommt Rockwell Automation (WKN:903978) in Betracht, die zuletzt einen super Lauf hatten und aktuell mit über 20 Mrd. US-Dollar bewertet werden, bei schrumpfenden Umsätzen von rund 6 Mrd. US-Dollar, wovon etwa 12 % als Nettogewinnen übrig blieben.

Rockwell ist aufgrund seiner breiten Aufstellung und Größe aber eigentlich eher ein direkter ABB-Konkurrent. Bei B&R sind es etwas mehr als 600 Mio. Euro Umsatz und 12% operativer Gewinn, wovon noch Steuern und Zinsen abgehen. Die Amerikaner machen also anscheinend etwa zehnmal so viel Gewinn. Unter Berücksichtigung dieser Zahlen würde ich von einem Kaufpreis von etwa 2 Mrd. Euro ausgehen. Wäre das also ein gutes Geschäft?

Sollte die Integration reibungslos gelingen und das Umsatzwachstum hochgehalten werden können, dann wird die Marke von 1 Mrd. Euro innerhalb der kommenden 5 Jahre erreicht. Synergien etwa im Einkauf und Vertrieb könnten die Profitabilität steigern, sodass im nächsten Jahrzehnt durchschnittlich Gewinnbeiträge jenseits der 100 Mio. Euro zu erwarten sind. Das wäre keine berauschende Rendite, aber sicherlich auch kein schlechtes Geschäft, da ABB aktuell extrem günstig an Fremdkapital kommt.

Denkbar ist aber auch, dass es eben doch zu gewissen Reibungsverlusten kommt, dass die Integrationskosten auf die Rendite drücken oder langjährige Partner zur konzernunabhängigen Konkurrenz wechseln. Dann wäre nicht viel gewonnen. Von daher teile ich die zur Schau gestellte Euphorie des Managements nicht. Die Übernahme von B&R mag ein kleiner Schritt nach vorne sein, um sich beim Thema Industrie 4.0 zu verstärken, aber mehr auch nicht.

Die schwächere Performance der Aktie im Vergleich zu Siemens über die letzten Jahre dürfte weiterhin bestehen bleiben. Andererseits bekommen Anleger mit ABB einen auf Energie und Automatisierung fokussierten Konzern, der weder Züge noch Magnetspintomographen im Portfolio hat. Das könnte ein wichtiges Argument für dich sein, aber dann würde ich vorschlagen, die Zahlen mit Schneider Electric (WKN:860180) zu vergleichen.

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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt Aktien von General Electric.



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