Hat Singapore Airlines den Airbus A380 Jumbo-Jet auf dem Gewissen?
Letzte Woche entschloss sich Singapore Airlines dazu, seine neuen Flugzeuge bei Boeing (WKN:850471) anstatt bei Airbus (WKN:938914) zu kaufen. Das Unternehmen unterzeichnete eine Absichtserklärung für 20 Modelle vom Typ 777-9 und 19 Modelle vom Typ 787-10. Diese sollten schon bald zu Festaufträgen werden. Singapore Airlines bekommt auch Optionen für sechs weitere Flugzeuge von jedem Typ.
Boeings Gewinn ist ein Verlust für Airbus und sein A350-Programm. Singapore Airlines ist mit 67 Festaufträgen der beste Kunde der beliebten Flugzeuge A350-900, hat aber noch keines der größeren Flugzeugklasse A350-1000 bestellt. Nun hat Singapore Airlines bei Boeing bestellt und wird wahrscheinlich nicht das größere Modell von Airbus kaufen, ganz zu schweigen von anderen Modellen des Unternehmens.
Zumindest ein Analyst glaubt, dass die Bestellung von 20 Flugzeugen von Boeing der Todesstoß für den A380-Jumbo-Jet von Airbus sein könnte. Im Folgenden wollen wir eruieren, ob das stimmen könnte.
Es gibt kaum Bestellungen für den A380
Das Programm läuft nicht gerade gut. Die Bestellungen haben sich in den letzten Jahren stetig vermindert und damit wurde Airbus dazu gezwungen, die Produktion um mehr als die Hälfte zu reduzieren. Airbus hat aktuell nur noch 110 Festaufträge für den A380.
Das entspricht theoretisch neun Jahren Produktion bei einer geplanten Produktionsrate von 12 pro Jahr. In Wirklichkeit sieht die Situation aber deutlich schlimmer aus. Es werden wahrscheinlich 47 der verbleibenden Aufträge nicht durchgeführt werden. Dazu gehören 20 Stück A380, die von Amedeo bestellt wurden, das aber bisher keinen einzigen Kunden an Land ziehen konnte, obwohl man es jahrelang versucht hatte. Darüber hinaus sprechen wir von acht A380-Modellen, die von Qantas bestellt wurden. Hier hat das Management bereits gesagt, dass man die Flugzeuge definitiv nicht will.
Von den 63 ausstehenden Bestellungen sind 50 für einen einzelnen Kunden: Emirates. Die nahöstliche Fluglinie ist großer Fan des A380, aber dieser wird mit einem einzigen Kunden nicht überleben können.
Singapore Airlines ist ein wichtiger Kunde des A380
Und da kommt es Singapore Airlines ins Spiel. Das Unternehmen war nämlich die erste Fluglinie, die im Jahr 2007 mit dem A380 geflogen ist. Darüber hinaus ist es mit 24 Bestellungen auch der zweitgrößte Kunde für den A380 – wenngleich auch ein weit abgeschlagener Platz zwei.
Das Unternehmen hat noch fünf ausstehende Bestellungen bei Airbus. Die Leasingverträge für die ersten fünf laufen schon bald aus. Der erste Vertrag wird Ende diesen Jahres auslaufen und das Unternehmen hat bereits angekündigt, man würde das Flugzeug eher zurückgeben als den Leasingvertrag zu verlängern. Die meisten Analysten erwarten, dass Singapore Airlines die anderen vier auch zurückgeben wird. Damit würde die Flotte immer noch im 19 Flugzeuge umfassen.
Singapore Airlines ist eine der renommiertesten Fluglinien weltweit, daher sind die Entscheidungen des Unternehmens meinungsbildend. Als eines der ersten Unternehmen, das den A380 bestellt hat, hat Singapore Airlines den Weg für andere geebnet. Wenn die kürzliche Bestellung des 777X andeutet, dass man sich vom A380 weg bewegt, dann könnten andere Fluglinien diesem Beispiel wieder folgen.
Der A380 ist nicht mehr so nützlich
Der 777-9 ist kein direkter Ersatz für den A380. Boeing sagt, das Flugzeug biete 400-425 Plätze in Standardkonfiguration, verglichen mit 544 des A380. Tatsächlich würde im Fall von Singapore Airlines der A380 bedeutend weniger Platz bieten.
Singapore Airlines hatte in letzter Zeit in vielen seiner Märkte mit starken Rückgängen bei den Einnahmen zu kämpfen. Gründe dafür sind das langsame Wirtschaftswachstum sowie die Überkapazitäten. Viele Analysten erwarten, dass das entsprechenden Druck auf die Kosten und auf die Preise ausüben wird, und dass diese Situation länger anhalten wird. In einem solchen Umfeld wäre Singapore Airlines vielleicht besser dran, wenn man den A380 nicht mehr benutzten würde.
Letztes Jahr ging das Gerücht um, Boeing könnte die Kapazität des 777-9 um 30-40 Plätze erweitern. Damit wäre er etwas näher am A380, gleichzeitig aber günstiger. Das gibt Fluglinien wie Singapore Airlines noch weniger Gründe, beim A380 zu bleiben.
Kann der A380 einen neuen Markt finden?
Singapore Airlines bestätigt, dass eine weitere Fluglinie vom A380 enttäuscht ist. Die ersten Anzeichen dafür konnte man bereits letztes Jahr ausmachen, als das Unternehmen angekündigt hatte, dass man den ersten Leasingvertrag für den A380 nicht verlängern würde.
Singapore Airlines ist nicht das einzige Unternehmen, das gerne neue Flugzeuge betreibt. Diese Unternehmen entfernen die älteren A380-Modelle aus ihren Flotten. Daher werden schon bald sehr viele gebrauchte A380-Modelle günstig auf den Markt kommen.
Das ist jedoch ein zweischneidiges Schwert. Einerseits könnten diese gebrauchten Flugzeuge einige Bestellungen für neue A380-Modelle von Airbus kannibalisieren. Andererseits könnten so die Kosten gesenkt werden und das könnte Billiganbieter und kleinere Fluglinien dazu bewegen, mit dem A380 ein Experiment zu wagen. Später könnte dann zu neuen Bestellungen führen – unter der Annahme, dass der A380 für diese Anbieter profitabel sein wird.
Man kann wohl sagen, dass der A380 bereits bessere Zeiten gesehen hat. Die meisten Unternehmen, die das Flugzeug zu ihrer Flotte zählen, haben schon den 777X bestellt und werden vielleicht der Meinung sein, dass diese Flugzeuge ebenfalls genug Kapazität für ihre Bedürfnisse bieten. Wenn ein komplett neuer Markt bei den Billiganbietern entwickelt werden kann, die so viele Leute wie möglich in ein einzelnes Flugzeug packen wollen, dann hat der A380 immer noch eine Überlebenschance.
Der Bärenmarkt-Überlebensguide: Wie du mit einer Marktkorrektur umgehst!
Ein erneutes Aufflammen von Corona in China, Krieg innerhalb Europas und eine schwächelnde Industrie in Deutschland in Zeiten hoher Inflation und steigender Zinsen. Das sind ziemlich viele Risiken, die deinem Depot nicht guttun.
Hier sind vier Schritte, die man unserer Meinung nach immer vor Augen haben sollte, wenn der Aktienmarkt einen Rücksetzer erlebt.
The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.
Dieser Artikel wurde von Adam Levine-Weinberg verfasst und wurde am 15.02.2017 auf Fool.com veröffentlicht. Er wurde übersetzt, damit unsere deutschen Leser an der Diskussion teilnehmen können.