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Von der Siemens-Strategie und ihrer Umsetzung können Anleger etwas lernen

Foto: Pixabay, Unsplash

Über viele Jahre war Siemens (WKN:723610) eine Durchlaufstation für Zu- und Verkäufe, ohne dass ein klares Profil erkennbar war. Atemlos hetzte man den neuesten Trends hinterher. Da hat sich einiges geändert, seit Joe Kaeser den Chefsessel übernommen hat. Lies hier, was seine Strategie so besonders macht und warum ich seine teuren Software-Übernahmen schätze.

Darum ist eine Strategie nichts wert ohne eine gute Umsetzung – und umgekehrt

Manche Unternehmen sind operativ richtig gut unterwegs. Sie haben effiziente Prozesse und entwickeln Produkte in ausgezeichneter Qualität. Aber das Management nimmt sich nie die Zeit, eine vorausschauende Strategie zu entwickeln. Das kann einige Jahre gut gehen – bis sich die Marktbedingungen ändern.

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Aber selbst wenn eine umfassende Strategie ausgearbeitet wurde, ist das noch lange keine Erfolgsgarantie. Der frühere Siemens-Chef Klaus Kleinfeld hatte umfassende Ressourcen in die Erforschung technologischer Trends gesteckt. Dabei wurden Zukunftsszenarien entwickelt, um davon strategische Entscheidungen abzuleiten. Das war eigentlich super.

Leider war die Umsetzung nicht gerade toll. Das Management verzettelte sich vielfach und es war weder für Kunden noch für Mitarbeiter oder Aktionäre eine klare Linie zu erkennen. Mikrobiologie, Wasserdesinfektion, Luftreinigung und Konzentrator-Solar sind Beispiele dafür, wie sehr man sich zum Teil verrannt hat.

Wie das Produktportfolio, so schaukelte auch viele Jahre der Aktienkurs. Seit einiger Zeit lässt sich jedoch ein deutlicher Aufwärtstrend erkennen und der trägt die Handschrift von Joe Kaeser.

Wie Kaeser Siemens endlich eine klare Identität gegeben hat

Kaeser nahm sich viel Zeit, um mit seinem Team in Ruhe eine ausgefeilte Strategie auszuarbeiten. Ausgangspunkt waren dabei nicht wie bei seinem Vorvorgänger externe Megatrends, sondern der Unternehmenskern. Er stellte die simple Frage: „Was zeichnet Siemens aus?“

Die Antwort war zu diesem Zeitpunkt gar nicht so offensichtlich. Bei einem Konzern, der Züge, Windräder, Waschmaschinen, Magnetspintomographen und Industriemotoren produziert, könnte man auf die verschiedensten Ideen kommen, um sich am Ende vielleicht auf einen schlechten Kompromiss zu einigen. Aber der Chef wollte nicht einfach platt sagen, dass Siemens ein „integrierter Technologiekonzern“ oder ein „führender Lösungsanbieter“ sei. Er wollte etwas Handfestes.

Letztlich identifizierte er einige grundlegende Themen, die für Siemens zentral sind: Elektrizität, Digitalisierung und Automatisierung sowie als Klammer die anwendungsorientierte Ingenieurstechnik. Vier einfach verständliche Konzepte, die ihm seither als Kompass für alle strategischen Entscheidungen dienen.

Die konsequente Umsetzung der Strategie ist ein Erfolgsfaktor …

Wenn es also darum geht, ob ein Unternehmen aufgekauft werden soll, dann stellt er die Frage, ob es zu diesen Konzepten passt und ob Siemens als Dachgesellschaft folglich Mehrwert schaffen kann. Umgekehrt wird das bestehende Portfolio des Konzerns immer wieder nach diesen Kriterien überprüft. Gegebenenfalls wird zügig nach einem Käufer oder Jointventure-Partner Ausschau gehalten, wie drei Aufsehen erregende Deals aus der jüngeren Vergangenheit zeigen:

  • Weil Bosch besser Waschmaschinen und Küchengeräte verkaufen kann, wurde der Bereich verkauft, genauso wie auch alle anderen Konsumprodukte.
  • Weil Siemens seit dem Verkauf von VDO an Continental (WKN:543900) verlernt hat, effektiv an die Automobilindustrie zu verkaufen, wurde mit den Industrie-Insidern von Valeo (WKN: 854052) ein Jointventure für Elektroantriebe gegründet.
  • Anlagenbau hat nur wenig mit dem Kerngeschäft zu tun, weshalb auch das Windturbinen-Geschäft in ein Jointventure, diesmal mit Gamesa (WKN:A0B5Z8), ausgelagert wurde.

Etwas Distanz zu den Kernkompetenzen hat auch der hochprofitable Medizintechnik-Bereich. Deshalb wurde er als eigenständige Einheit aufgestellt, die jederzeit abgespalten und an die Börse gebracht werden kann. Diese konsequente Portfoliobereinigung wird von einer beherzten Stärkung der Kernbereiche begleitet.

Nachdem Joe Kaeser zunächst viel Kritik für die zwar gut passenden, aber überteuerten Zukäufe im Energiebereich einstecken musste, fokussiert er sich nun vor allem auf das Thema Software. Schließlich will Siemens ein Vorreiter von Industrie 4.0 sein und dafür braucht es Werkzeuge zur Digitalisierung, Visualisierung und Simulation.

Anfang November wurde die Übernahme von Mentor Graphics (WKN:868669) gemeldet, mit 5.700 Mitarbeitern ein ganz schönes Schwergewicht. Deren Software wird von Chip- und Elektronik-Ingenieuren verwendet, um die zunehmende Komplexität zu beherrschen und schneller zu Ergebnissen zu kommen. Damit wird das bereits beachtliche Portfolio an Softwarelösungen rund um die digitale Fabrik um einen weiteren Baustein erweitert.

Der Preis von 4,5 Mrd. Dollar wirkt erneut enorm, aber Geld ist für Siemens billig zu haben und es erscheint mir wichtig, dass die Sichtbarkeit als softwaregetriebener Industriekonzern deutlicher wird. Mittlerweile ist sogar denkbar, dass die Bayern eines Tages SAP (WKN:716460) als größten europäischen Software-Konzern ablösen werden. Gleichzeitig sind sie vermutlich selbst der größte Kunde und Anwender der Software unter ihrem Dach, was für vielfältige Synergien sorgt.

… und das zahlt sich bereits aus

Bereits Anfang des Jahres war ich sehr beeindruckt von der neuen Aufstellung und den Perspektiven (siehe Artikel vom 29.01.). Heute wissen wir, dass die weitere Umsetzung der Strategie erfolgreich verlaufen ist.

Ich denke, dass wir aus diesem Beispiel lernen können, dass es für uns Anleger eine gute Strategie ist, sich nicht nur die Ausrichtung eines Unternehmens genau anzuschauen, sondern auch wie gut das Management darin ist, die eigenen Stärken herauszuarbeiten und darauf aufbauend konsequent zu handeln.

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Ralf Anders hält Wertpapiere auf die Continental AG. The Motley Fool besitzt keine der genannten Aktien.



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