Trump… darum knallen bei DAX-Unternehmen jetzt heimlich die Sektkorken
Ökonomen und Medien, viele Stars und Sternchen genauso wie die meisten ausländischen Politiker waren sich darüber einig, dass Trump für Unsicherheit und Rückschritt steht. Trotzdem dauerte der Schock über seinen doch ziemlich überraschenden Wahlsieg nur kurz. Schon am Nachmittag drehte der DAX ins Plus. Lass uns daher einmal genau ansehen, warum Trump von vielen Unternehmen und ihren Aktionären gefeiert wird.
Faktor Nr. 1: Sinkende Steuern und Energiepreise
Trump hat versprochen, das Produzieren auf US-amerikanischem Boden wieder attraktiver zu machen als irgendwo sonst. Die Senkung von Steuern und Energiepreisen ist ein bewährtes Mittel hierfür, aber auch die Erschwerung des Marktzugangs für Importwaren.
Wer also wie einige Autohersteller gerade in Mexiko eine neue Fabrik hochzieht, der wird sich nicht besonders amüsieren über die neue Lage. Auch Hersteller rund um die Erneuerbaren Energien dürften wenig begeistert sein, dass jetzt wahrscheinlich die Öl-, Kohle- und Gasindustrie wieder überall ihr Unwesen treiben kann, während Windräder und Solarparks eher stiefmütterlich behandelt werden.
Über letzteres dürfte sich aber zum Beispiel Siemens (WKN:723610) nur wenig ärgern. Die Münchner haben sich in den letzten Jahren massiv in den herkömmlichen Energiesektor in den USA eingekauft und dürfen nun hoffen, dass endlich die Auftragslage anzieht, nachdem der Preisverfall zunächst die Geschäfte verdarb.
Noch besser sieht es für thyssenkrupp (WKN:750000) aus, die mit vielen Standorten in den USA vertreten ist. Deren energieintensive Produktion verbilligt sich nun voraussichtlich. Außerdem profitiert der Konzern von Infrastrukturprogrammen und steigenden Investitionen in Wehrtechnik und den Bausektor, wenn Trump seine Ankündigungen umsetzen kann.
Die Belegschaft ist sowieso begeistert: Bei kaum einem anderen deutschen Unternehmen haben sich die Mitarbeiter stärker für die Republikanische Partei engagiert als bei thyssenkrupp. Ähnlich sieht es bei HeidelbergCement (WKN:604700) aus, für die Nordamerika den wichtigsten Markt darstellt. Darauf, dass es beim geplanten Mauerbau an der Südgrenze einen Sonderauftrag gibt, würde ich allerdings nicht setzen.
Faktor Nr. 2: Vorerst kein Streit mit Pharmaherstellern
Angetrieben vom linksgerichteten Bernie Sanders ist während des Wahlkampfs auch Hillary Clinton auf einen Konfrontationskurs mit forschenden Pharma-Unternehmen eingeschwenkt. Diese dürfen im amerikanischen Gesundheitssystem Mondpreise verlangen, wenn ihr Wirkstoff beispielsweise einem Krebspatienten ein paar zusätzliche Tage Leben schenkt.
Das wollten die Demokraten nicht mehr länger hinnehmen. Ihr Plan bestand darin, die Hersteller zu einer faireren Preisgestaltung zu zwingen. Folglich schossen Kurse des gesamten Sektors am Mittwoch nach oben, egal ob Roche (WKN:855167), Merck (WKN:659990) oder Fresenius Medical Care (WKN:578580). Trump hat sich nämlich zu diesem Thema über all die Monate kaum geäußert, was vielfach als Zeichen gedeutet wird, dass von ihm keine größeren Eingriffe zu erwarten sind.
Bei diesem Punkt könnte die Freude allerdings verfrüht sein. Zunächst wird er sich natürlich an die Beseitigung des Prestigeprojekts Obamacare machen, ein langjähriges Feindbild der Republikaner. Allein schon dessen Folgen sind schwer absehbar. Ich frage mich zum Beispiel, ob sich danach noch genauso viele Dialysepatienten eine Versorgung mit Fresenius-Produkten leisten können.
Hinzu kommt aber, dass Trump sich als Meister des guten Deals sieht. Ausufernde Kosten sind auch ihm ein Dorn im Auge und ich bin sicher, dass er genauso nach Wegen suchen wird, diese in den Griff zu bekommen. Eines seiner Mittel besteht darin, den Wettbewerb unter den privaten Versicherern zu fördern. Das könnte letztlich dazu führen, dass teure Medikamente aus dem Leistungskatalog gestrichen werden, zu Gunsten von niedrigeren Versicherungsprämien und zu Lasten der Pharmariesen.
Faktor Nr. 3: Bessere Aussichten im Südamerikageschäft
Südamerika ist wahrscheinlich die einzige Weltregion, in der nordamerikanische, asiatische und europäische Unternehmen etwa gleich stark vertreten sind. Aufgrund der anhaltenden Krise in Ländern wie Brasilien, Argentinien und Venezuela lief es für deutsche Investitionsgüterhersteller zuletzt nicht gut. Mittlerweile scheint sich der Kontinent aber zu erholen, vielleicht steht sogar ein neuer Boom bevor.
Da kommt es nicht ungelegen, dass die USA sich sozusagen selbst herausgekickt haben. Die Latinos wurden von Trump in nahezu jeder Hinsicht vor den Kopf gestoßen. Die Mexikaner wurden direkt beleidigt, hunderttausenden Einwanderern ohne gültige Papiere droht die Deportation und die von vielen lang ersehnte Einstellung des Kuba-Embargos wird nun wieder in Frage gestellt, genauso wie der Freihandelsvertrag mit den Pazifikanrainern.
Folglich wird aller Voraussicht nach die Organisation Amerikanischer Staaten beschleunigt in der Bedeutungslosigkeit versinken zu Gunsten von CELAC, wo die USA nicht vertreten sind. US-Unternehmen werden es so zukünftig noch schwerer haben, in Südamerika Fuß zu fassen, nachdem sie sich schon bisher gegen die chinesische Exportmacht schwer taten.
Folglich verbessert sich die Wettbewerbsposition von Europäern und Asiaten. Für industrielle DAX-Unternehmen, die in Südamerika engagiert sind, kann das meines Erachtens nur von Vorteil sein.
Mit Trump in die Zukunft
Viele DAX-Konzerne mit starker Nordamerika-Präsenz müssen sich vor einem Donald Trump kaum fürchten. Wo sie auf der einen Seite mit Einbußen rechnen müssen, eröffnen sich auf der anderen oftmals neue Geschäftsmöglichkeiten.
Investitionsprogramme, weniger Regulierung und geringere Energiepreise sorgen für bessere Gewinnaussichten im Nordamerikageschäft. Gleichzeitig sollte sich im Südamerikageschäft die Auftragslage für viele DAX-Konzerne verbessern. Dass verstärkte Sorgen um die Weltkonjunktur, den freien Handel, den Klimaschutz und die geopolitische Stabilität das Bild trüben, ist aber natürlich ebenso klar.
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Ralf Anders hält keine Wertpapiere genannter Unternehmen. The Motley Fool besitzt keine der genannten Aktien.