Steht die Deutsche Bank wirklich vor dem Abgrund?
Am Freitag vor zwei Wochen spielte der Börsenkurs der Deutschen Bank (WKN:514000) verrückt. In der Spitze verlor die Aktie rund 8 % gegenüber dem Schlusskurs des Vortages. Von diesem Tagestief ging es dann um 16 % wieder nach oben. Aber steht die größte deutsche Bank nun bereits kurz vor dem Abgrund, wie es das Tagestief vermuten ließ? Oder befindet sich die Bank noch im sicheren Abstand zum Abgrund, wie es das Tageshoch suggeriert?
Kurzfristige Abgründe
Die größten kurzfristigen Abgründe der Deutschen Bank sind die unzähligen offenen Rechtsstreitigkeiten zu unterschiedlichsten Themen, in unterschiedlichsten Ländern. Laut einem Handelsblattartikel belief sich die Anzahl der offenen Prozesse im Jahr 2014 auf rund 6.000. Die Größten unter diesen sind derzeit wohl der Rechtsstreit um Hypothekenkredite in Nordamerika, der Geldwäscheprozess in Russland, die Fragen nach möglichen Devisenmanipulationen und Ermittlungen wegen Geschäften mit sogenannten „geächteten“ Staaten.
Die Deutsche Bank hat als Unternehmen offenbar ein dramatisches Problem damit zu erkennen, welche Geschäfte in den Graubereich der gesetzlichen Vorschriften fallen und welche Arten von Geschäften schlichtweg verboten sind.
Bekommt das Geldhaus diese Probleme nicht in den Griff und schafft für seine Mitarbeiter Anreize für ehrliches Handeln, dann kostet es viel Geld, jede Menge Reputation und den letzten Rest des verbliebenen Vertrauens. Und was ist für eine Bank wichtiger als Reputation und Vertrauen? Nicht umsonst ist der Bankschalter von Großbanken die letzte verbliebene Bastion, in der Kunden mit Sicherheit im adretten Anzug und Krawatte begrüßt werden. Allerdings reicht förmliche Kleidung nicht aus, um Seriosität und Vertrauen auszustrahlen, wenn das Unternehmen ständig wegen neuen Rechtsverletzungen in den Schlagzeilen steht.
Langfristige Abgründe
Vor den langfristigen Abgründen steht die Deutsche Bank zwar nicht alleine, sondern in illustrer Gesellschaft anderer Großbanken, das macht es aber nicht zwingend besser.
Das derzeitige Niedrigzinsumfeld belastet das Kerngeschäft aller Banken, die durch die Vergabe von Krediten Geld verdienen. Hinzu kommen die laut der Ratingagentur Moody’s deutlich erhöhten Kosten deutscher Großbanken im Vergleich zu den europäischen Konkurrenten.
Zudem entstehen durch aufstrebende Start-Ups im Finanzsektor, sogenannte FinTechs, neue andersartige Konkurrenten für die etablierten Banken. Darunter fallen beispielsweise Onlineplattformen für die Vermittlung von Krediten an Privatpersonen und Unternehmen (Funding Circle) und Wagniskapitalgeber (OurCrowd), Zahlungslösungen für Onlineshops (Klarna) oder Unternehmen, die als sogenannte Robo-Advisor automatisierte Vermögensverwaltung anbieten (Wealthfront). Die Liste der neuen Konkurrenten ist lang und die Art der unterschiedlichen Geschäftsmodelle äußerst vielfältig.
Wie kann es weitergehen?
Die Themen, mit denen die Deutsche Bank derzeit in der Öffentlichkeit steht, sind hingegen deutlich weniger bekömmlich: möglicherweise notwendige Kapitalerhöhungen, Staatshilfen und flächendeckende Schließungen bestehender Kundenfilialen.
Sicherlich bleibt zunächst noch abzuwarten, ob sich die neuen Wettbewerber im Finanzsektor auch langfristig etablieren können oder nach einiger Zeit wieder vom Markt verschwinden und sich lediglich einige wenige Geschäftsmodelle durchsetzen werden. Auch die tatsächlichen Strafzahlungen aus den genannten Gerichtsprozessen sind derzeit nur sehr grob abzuschätzen.
Um die Deutsche Bank bleibt es also weiterhin spannend und Vorhersagen sind äußerst schwer zu treffen. Die Zeit wird zeigen, ob das Geschäftsmodell der Großbanken eine Zukunft hat oder nicht und ob die Deutsche Bank es schafft die Unternehmenskultur zu ändern. Vielleicht bringt auch die diskutierte Fusion mit der Commerzbank die notwendigen Größenvorteile, um sich im Wettbewerb mit anderen Großbanken und neuen Konkurrenten aus der FinTech-Ecke zu behaupten.
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Sven besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.