Vergiss die Marktkapitalisierung – diese Kennzahl ist einfach besser
Die einfachste und daher wohl am häufigsten verwendete Kennzahl bei der Aktienbewertung ist das Verhältnis von Unternehmensgewinn zur aktuellen Marktkapitalisierung. Wieso diese Kennzahl in die Irre führen kann, zeigt ein Vergleich der beiden Autoriesen Daimler (WKN:710000) und Volkswagen (WKN:766403).
Die Marktkapitalisierung
Die Marktkapitalisierung ergibt sich durch die Multiplikation des aktuellen Aktienkurses mit der Anzahl der ausgegebenen Aktien. Die Marktkapitalisierung zeigt also, wie viel Geld man auf den Tisch legen müsste, um das komplette Unternehmen zum aktuellen Börsenkurs zu kaufen.
Wird die Marktkapitalisierung durch den erwarteten Gewinn des Unternehmens geteilt, dann weiß man, das Wievielfache des Gewinns man für die Aktien des Unternehmens aktuell bezahlen müsste. Oder anders ausgedrückt, wie viel Jahre es bei gleichbleibendem Gewinn dauert, bis man bei vollständiger Ausschüttung des Gewinns sein investiertes Kapital wieder zurück hat.
Bezieht man diese Überlegungen auf den Gewinn pro Aktie und den erwarteten Gewinn pro Aktie ergibt sich das sogenannte Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Bevor aufgrund der vielen grauen Theorie nun Langeweile aufkommt, hier die Zahlen von Daimler und Volkswagen:
Daimler | Volkswagen | |
Kurs am 23.09.2016 | 63,52 € | 119,15 € |
Erwarteter Gewinn pro Aktie für 2016 | 8,01 € | 18,73 € |
KGV | 8 | 6 |
Quelle: www.finanzen100.de
Aufgrund des KGV würde man sich ohne weitere Recherche möglicherweise vorschnell für die Volkswagen-Aktie entscheiden und die Daimler-Aktien links liegen lassen. Ganz einfach, weil man bei Volkswagen für einen investierten Euro mehr Gewinn bekommt.
Ein solches Vorgehen führt aber zu schlechteren Ergebnissen. Wieso? Weil die Finanzsituation der verglichenen Unternehmen außer Acht gelassen wird.
Der Unternehmenswert
Der Unternehmenswert für einen Investor, oder auf Englisch der Enterprise Value, basiert ebenfalls auf der Marktkapitalisierung eines Unternehmens. Allerdings werden ausgehend von der Marktkapitalisierung noch Schulden hinzuaddiert und das Geldvermögen abgezogen.
Hohe Schulden erhöhen also den Unternehmenswert, viel Cash auf der hohen Kante reduziert den Unternehmenswert für einen Investor. Was zunächst vielleicht etwas seltsam klingt wird deutlich, wenn man den Unternehmenswert durch den erwarteten Gewinn teilt. Auch hier wieder am Beispiel von Daimler und Volkswagen:
Daimler | Volkswagen | |
Marktkapitalisierung am 23.09.2016 | 67,8 Mrd. € | 62,8 Mrd. € |
+ Schulden zum 31.12.2015 | 162,5 Mrd. € | 293,7 Mrd. € |
– Flüssige Mittel zum 31.12.2015 | 9,9 Mrd. € | 20,9 Mrd. € |
= Unternehmenswert | 220,4 Mrd. € | 335,6 Mrd. € |
Erwarteter Gewinn 2016 | 8,5 Mrd. € | 8,9 Mrd. € |
Unternehmenswert / Gewinn | 26 | 38 |
Quellen: www.finanzen100.de (Marktkapitalisierung), Geschäftsberichte 2015 (Schulden und flüssige Mittel) und www.boerse-online.de (erwarteter Gewinn 2016)
Betrachtet man das Verhältnis von Unternehmenswert und Gewinn, ergibt sich ein umgekehrtes Bild. Daimler wäre hier die deutlich bessere Wahl als Volkswagen. Man müsste derzeit lediglich das 26-fache des Gewinns bezahlen, um das Unternehmen zu erwerben. Bei Volkswagen wäre es mit dem 38-fachen deutlich mehr.
Die zwei Kennzahlen bieten hier also zwei völlig unterschiedliche Ergebnisse. Aber welche Kennzahl ist nun die bessere?
Warum der Unternehmenswert die bessere Kennzahl ist
In meinen Augen ist der Unternehmenswert die deutlich bessere Kennzahl. Einfach deshalb weil sie die Vermögenssituation der Unternehmen in die Betrachtung einbezieht. Daimler hat deutlich geringere Schulden im Vergleich zur aktuellen Marktkapitalisierung als Volkswagen.
Geringe Schulden und viel Geld auf der hohen Kante bieten einem Unternehmen größere Möglichkeiten, die sich bietenden Geschäftschancen zu nutzen. Und genau das berücksichtigt der Unternehmenswert im Gegensatz zur Marktkapitalisierung.
In Bezug auf Daimler bedeuten die geringeren Schulden für mich eine deutlich bessere Ausgangssituation, um Zukunftsthemen der Automobilbranche – beispielsweise Elektromobilität, neue Mobilitätskonzepte oder autonomes Fahren – voranzutreiben.
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Sven besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool empfiehlt Daimler.