Anlegerflucht bei Automobilzulieferern: die Gründe, die Chancen
Opel meldet ein starkes 1. Quartal und Peugeot-Konzern PSA (WKN:852363) neue Wachstumsziele. Das sollte gut für deutsche Automobilzulieferer sein. Trotzdem sind deren Kurse am Dienstag fast durchweg noch stärker als der Gesamtmarkt eingebrochen. Die Gründe scheinen vielfältig zu sein und für Mutige ergeben sich gute Kaufgelegenheiten.
Der Tesla (WKN:A1CX3T)-Effekt
Die große Begeisterung der Kundschaft für das letzte Woche vorgestellte Model 3 von Tesla zeigt, dass die Elektromobilität in den kommenden Jahren den Durchbruch zum Massenmarkt schaffen könnte. Das wäre schlecht für Zulieferer, die noch weitgehend auf herkömmliche Fahrzeuge ausgerichtet sind.
Zum Beispiel hat ElringKlinger (WKN:785602) zwar bereits Schritte eingeleitet, um auch beim elektrischen Antriebsstrang eine Rolle spielen zu können. Das Hauptgeschäft machen die Schwaben aber immer noch mit Zylinderkopfdichtungen und Kunststoff-Leichtbauteilen. Das Unternehmen wäre sicherlich froh, wenn der Wandel etwas gemächlicher vonstatten ginge. Dass Anleger hier vorsichtig werden, erscheint verständlich.
Anders liegt der Fall hingegen bei Unternehmen wie Continental (WKN:543900) und Schaeffler (WKN:SHA015), die sich bereits sehr gut für das neue Zeitalter aufgestellt haben und für mich zukünftig zu den aussichtsreichsten Profiteuren der Elektrifizierung gehören.
Der Schaeffler-Effekt
Obwohl Georg Schaeffler von Forbes kürzlich den Titel des reichsten Deutschen verliehen bekommen hat, drücken den Konzern-Erben weiterhin Verbindlichkeiten, die im Wesentlichen von den Aktienanteilen an den Schaeffler und Continental AGs gedeckt werden.
Möglicherweise machten Gläubiger Druck, sicherzustellen, dass die ausgegebenen Hochzins-Anleihen bedient werden können. Deshalb wurden jetzt die restlichen Vorzugsaktien für gut 1,2 Mrd. Euro an institutionelle Aktionäre verkauft, bei einem Stückpreis von lediglich 13,10 Euro. Das kam nicht gut an, ein Abverkauf trieb den Kurs der Aktiengesellschaft sogar noch unter dieses Niveau.
Diese Reaktion ist für mich schlichtweg falsch – schließlich ist es nicht so, dass die Schaeffler AG neue Aktien ausgegeben hätte, eine Verwässerung des Kurses gibt es nicht. Es handelt sich lediglich um eine Umbuchung von einer Holding zu einer anderen. Dass dahinter mangelndes Vertrauen in das operative Geschäft steht, halte ich für unwahrscheinlich, schließlich besitzen die Schaefflers immer noch 75,1 % des Grundkapitals in Form von Stammaktien.
Vielmehr finde ich gut, dass dieses Thema nun vom Tisch ist und zudem der Weg für den Aufstieg in den MDAX geebnet wird. Auf diesem reduzierten Niveau ist Schaeffler ein echtes Schnaepplein.
Bezüglich Continental könnte man natürlich auf die Idee kommen, dass die Holding auch dort ihren Anteil reduzieren möchte oder sogar muss – und damit Druck auf das Kursniveau ausüben würde. Das halte ich allerdings ebenfalls für unrealistisch. Vielmehr wird Continental den Schaefflers aller Voraussicht nach noch viel Freude machen.
Mit dem Verkauf der Schaeffler-Aktien und den Conti-Dividenden dürfte die Holding nun bereits genug Geld in der Kasse haben, um die bis 2018 auslaufenden Anleihen tilgen zu können. Der verbleibende Rest in Höhe von 1,5 Mrd. Euro wird in den Folgejahren fällig und lässt sich nach meiner Einschätzung bequem aus den laufenden Erträgen bedienen.
Ein anderes Thema, dass die Branche nicht loslässt, sind die Abgaswerte.
Der Diesel-Effekt
Das Image des Dieselmotors ist weiterhin auf dem absteigenden Ast, was zunächst schlecht für deutsche Hersteller ist. Für Engineering-Dienstleister, die hauptsächlich diese bei der Entwicklung von Komponenten und Modellen unterstützen, stellt dies ein handfestes Risiko dar. Immer neue Meldungen sorgen für Verunsicherung bei den Anlegern, auch am Dienstag wieder.
Folglich gaben die Kurse von Bertrandt (WKN:523280) und EDAG (WKN:A143NB) ebenfalls ab, wobei letztere nun deutlich unter dem Ausgabepreis von letztem Jahr notieren. Der mittel- bis langfristige Ausblick ist für die Branchenführer jedoch weiterhin ausgezeichnet. Gerade die Tatsache, dass nun eine Vielzahl von neuen Elektrofahrzeugmodellen ausgelegt werden müssen, birgt meines Erachtens richtig gute Geschäftschancen.
Fazit
Natürlich herrscht derzeit einiges an Unsicherheit im Automobilmarkt, was einen gewissen Abschlag möglicherweise rechtfertigen könnte. In diesem Fall sind aber auch Übertreibungen erkennbar. Unternehmen, die eigentlich ausgezeichnet in der Erfolgsspur liegen, wurden in Geiselhaft genommen für Dinge, die sie nur am Rande betreffen oder sich langfristig sogar zum Positiven drehen.
Unter anderem bei EDAG und Schaeffler sehe ich gutes Erholungspotenzial, aber ich möchte dich einladen, dir die Unternehmenszahlen selbst einmal genauer anzuschauen.
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Ralf Anders hält keine Wertpapiere genannter Unternehmen. The Motley Fool empfiehlt und besitzt Aktien von Tesla Motors.